Der Einfluss der Eltern ist entscheidend!
Die Untersuchungen und vorgetragenen Ergebnisse der beiden Wissenschaftler auf dem Symposium beziehen sich natürlich auf das Verhältnis Hund und Familie ganz allgemein. Die Eigenschaften des Pyrenäen-Hütehundes prädestinieren ihn für das Zusammenleben in einer Familie besonders – ein kleiner Hund mit großer Seele, der da zu Hause ist, wo sein Herr den Hut hinhängt. Man muss ihm nicht gleich eine kleine Schafherde in den Garten stellen, aber der temperamentvolle Hund sucht doch eine Aufgabe und die Anerkennung seiner Familie, in die er vollständig integriert sein will.
Der Berger des Pyrenees will dazugehören, benötigt die sozialen Kontakte beinahe mehr als das Futter. Auch wenn der Pyrenäen-Hütehund ein Hund ist, der spielerisch rasch lernt, so bildet er doch wie die meisten Hütehunde eine starke Persönlichkeit aus, die eine konsequente Erziehung bereits im Welpenalter erfordert. Auch und gerade wenn sein lustig-verschmitzter Ausdruck den Besitzer oft zur Nachsicht verleiten mag. Seine sprichwörtliche Schlagfertigkeit kann bewirken, die manchmal humorvoll anmutenden Reaktionen auf die Gefühlslage seines Besitzers antropromorph (vermenschlichend) zu deuten, letztlich sind sie jedoch „nur“ das Ergebnis seiner enormen Sensibiltät – er ist ein Emotions-Seismograph, der sich kaum zwingen lässt. Dies führt dazu, dass beim Berger des Pyrénées die nachhaltigsten Erziehungserfolge über positive Reize zu erzielen sind. Es ist immer leichter, will man bestimmte Handlungsweisen unterbinden, seinen Tatendrang in andere Bahnen zu lenken.
Dabei ist die Ausprägung dieser Eigenschaften individuell verschieden, selbst bei Wurfgeschwistern. Genügt bei dem einem ein kritischer Blick oder eine kleine Veränderung in der Stimmlage, fordert ein anderer auch schon einmal härteres Durchgreifen heraus. Im Umgang mit Kindern muss dann nicht unbedingt der sensiblere Hund der idealere Partner sein. Dies hängt wiederum vom Temperament und dem Verständnis des Kindes ab. Auch wenn es daher kaum pauschale Antworten auf die Frage nach der „Kinderfreundlichkeit“ des Berger des Pyrénées geben kann, so wird doch deutlich, dass eine intensive Beratung nötig ist. Dies ist einer der Gründe, warum die Züchter im cbp großen Wert darauf legen, die ganze Familie kennen zu lernen, bevor die Entscheidung über den Kauf eines Pyrenäen-Hütehundes gefällt wird.
Die soziale Beziehung, die unsere Rasse gerade zu Kindern aufbaut, ist besonders eng. Die große Bewegungsfreude, die Unternehmungslust verbunden mit enormer Hingabe kommt den Bedürfnissen von Kindern besonders entgegen. Dabei ist einleuchtend, dass sehr kleine Kinder durchaus Probleme im Umgang mit der schnellen Reaktionsfähigkeit und der hohen Geschwindigkeit der Hunde haben. Kinder im Alter über drei Jahre haben in diesem Punkt bedeutend weniger Schwierigkeiten.
Unabhängig vom Alter des Kindes fällt den Eltern aber eine große Verantwortung zu, ihr Kind auf den Umgang mit dem Hund vorzubereiten. Bei einer Hütehundrasse wird es kaum einem Kind gelingen, die erforderliche Autorität aufzubringen, den Hund wirklich zu kontrollieren. An diese Aufgabe lässt sich am ehesten noch ein über zehn- bis zwölfjähriges Kind heranführen, das bereits Erfahrung im Umgang mit Hunden sammeln konnte. Die evtl. vorhandene Absicht, ein Kind mit der Betreuung und Erziehung eines Hundes allein zu betrauen, ist nicht nur zum Scheitern verurteilt, sondern in hohem Maße verantwortungslos.
Für das Kind ist der Hund in erster Linie ein Partner – in vielen Bereichen gleichberechtigt und in positiver Hinsicht in einer ähnlichen Position gegenüber den Eltern: das Kind hat in ihm einen zuverlässigen Vertrauten und Verbündeten. Soll der Hund hingegen fehlende Zeit in der Kinderbetreuung kompensieren, ist der Pyrenäen-Hütehund, wie die meisten Hütehunde, eine ungeeignete Wahl. Er sucht Sicherheit in seiner Familie (wie Kinder), und die wird durch die Präsenz von Autorität hergestellt. Diese kann durch Kinder nicht hergestellt werden, und der Hund würde so in die (auch für ihn) unangenehme Situation gedrängt, dieses Defizit selbst zu füllen: Sicherheit für sich selbst und auch die jetzt ihm anvertrauten Menschen herzustellen. Einmal davon abgesehen, dass Hunde das nur mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln erreichen können: mit einer unmissverständlichen Körpersprache und im Extremfall mit ihren Zähnen, befindet sich der Hund nicht mehr in der Rolle des Partners, sondern nimmt aus der Sicht des Kindes eine übergeordnete Position ein – statt einen Verbündeten zu gewinnen, erfährt es eine drastische Verschlechterung seiner eigenen Rolle in der Familie.
Der enorme Gewinn an Lebensqualität im Familienleben, den Pyrenäen-Hütehunde bedeuten können, ist also in erster Linie abhängig vom Verständnis und der Verantwortung der Eltern. Neben der Erziehung des Kindes kommt mit dem Welpen die des Hundes hinzu. Darüber hinaus müssen die Kinder auf den Umgang mit dem Hund vorbereitet und danach kontinuierlich angeleitet werden. Auch die Versorgung des Hundes sollte für das Kind keine lästige Pflicht sein, sondern ist Aufgabe des Erwachsenen. Werden diese Voraussetzungen sichergestellt, ist der Pyrenäen-Hütehund ein verlässlicher Partner in der Familie und ein „Kumpel“, der ohne Bedingungen seine Zuneigung auf eine einzigartige Weise deutlich zu machen versteht.